Mehrere Bürogebäude in der Dunkelheit vor einem Gewässer

Der deutsche Gewerbepark wird sexy

Wie sich eine Assetklasse verändert hat

Portraitfoto von Susanne Heck, Leiterin Marketing & Kommunikation
Was heutzutage selbstverständlich ist, war vor 40 Jahren eine revolutionäre Idee:

In sich geschlossene Gewerbeareale mit mehreren unabhängigen Einheiten, die über dieselben Zufahrtswege zu erreichen sind, eine gemeinsame Infrastruktur und eine einheitliche Gestaltung besitzen. Daniela Reich, Leiterin Real Estate Management bei Aurelis, berichtet über die Entwicklung und Bedeutung von Gewerbeparks.

Britische Immobilienentwickler brachten das Konzept der Gewerbeparks Mitte der 1970er Jahre nach Deutschland. Sehr einfach gebaut und ausgestattet, setzte sich die Kombination aus Büro-, Lager- und Serviceflächen zunächst als Erfolgsmodell durch. Ihr Standort war meist auf der grünen Wiese in Autobahnnähe.

Comeback in den 2010er Jahren

Der Trend wurde durch den IT-Boom in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre weiter beschleunigt: Neue Gewerbeparks – inzwischen stadtnäher gelegen und mit deutlich mehr Büroflächen – schossen wie Pilze aus dem Boden, um Platz für die zahlreichen Unternehmen der New Economy zu schaffen. Doch als die Dotcom-Blase platzte, wuchs der Leerstand.

Eine vielseitige und somit vielfältig nutzbare Assetklasse

Seit einigen Jahren erleben wir das Comeback der Gewerbeparks. Gefragt sind Objekte in Cityrandlagen von A-Standorten oder in Metropolregionen, die einen geringeren fixen Büroanteil aufweisen als in der Vergangenheit.

Gründe für die neue Beliebtheit

Warum ist diese Assetklasse bei Unternehmen, Asset Managern und Investoren inzwischen so gefragt? Die Antwort ist einfach: weil der neue Gewerbepark vielseitig, somit vielfältig nutzbar und im Ergebnis als Investment stabil ist.

Unternehmen aus dem B-to-C-Bereich wollen näher an den Konsumenten rücken – durch die enormen Zuwächse im E-Commerce und immer kürzere Lieferzeiten im Endkundengeschäft. Sie brauchen stadtnahe Lager- und Logistikflächen. Mieter aus dem B-to-B-Segment hingegen suchen gut angebundene Flächen in den Metropolregionen, um nahe bei ihren Kunden zu sein.

Zudem bringt der technische Fortschritt neue Produktionsbedingungen mit sich. Für die Zukunft wird eine enge Verzahnung von Logistik-, Produktions-, Büro-, und Servicebereichen nötig, um die Arbeitsprozesse der Industrie 4.0 abbilden zu können. All dies ist in Gewerbeparks umsetzbar.

Darüber hinaus wächst der Druck auf den innerstädtischen Büromärkten, die Mieten steigen. Das zieht kleinere Unternehmen in Gewerbeparks. Für Investoren und Gewerbepark-Entwickler jedoch ist wichtig, jetzt nicht dieselben Fehler zu machen wie in der Vergangenheit: Zu viele Büroflächen können die Flexibilität mindern und damit bei geänderten Marktbedingungen die Vermarktung erschweren. In Abhängigkeit von der Lagequalität sollte das Verhältnis Hallen- zu Bürofläche zugunsten der Hallenfläche ausfallen.

Die Arbeitsprozesse der Industrie 4.0 lassen sich in Gewerbeparks abbilden.

Daniela Reich, Leiterin Real Estate Management bei Aurelis

Besteht der Bedarf nach mehr Büro- oder Serviceflächen können sie mit Hilfe von Mezzaninebenen und Büroboxen schnell, flexibel und an den Nutzerbedarf angepasst realisiert werden.

Flexibilität ist elementar

Besonders begehrt sowohl auf Mieter- als auch auf Eigentümerseite sind so genannte Flex Spaces: Hallenflächen, die sich durch Zwischenwände oder Einbauten beliebig aufteilen und erweitern lassen. Durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit sind sie über den gesamten Immobilienzyklus drittverwendungsfähig. Vermieter können diese Flächen je nach Bedarf umwandeln, Mieter können leichter expandieren oder sich verkleinern – und das, ohne das Areal verlassen zu müssen. Flexibel sollten auch die Mietverträge ausfallen: Laufzeiten und Serviceangebote müssen ausreichend Raum für Anpassungen lassen, Nebenkosten müssen kalkulierbar sein und vom Vermieter auf Optimierungspotenzial überprüft werden.

Ein wichtiges Thema – nicht nur für kostensensible Unternehmen: In Zeiten explodierender Baukosten und enger Ressourcen bei den Baufirmen ist es eine besondere Herausforderung bei Neubauprojekten „in time“ und „in budget“ zu bleiben. Standardisierungen bei den Neubauten können in diesem Fall sinnvoll sein.

Die Mischung muss stimmen

Beim sogenannten Mieterbesatz, also der Zusammensetzung der Unternehmen, haben die Asset- und Vermietungsmanager moderner Gewerbeparks aus der Dotcom-Krise gelernt: Sie setzen heute auf einen diversifizierten Branchenmix aus Konzernen, etablierten Mittelständlern, Kleinunternehmern und Startups. Auf diese Weise werden Klumpenrisiken vermieden und der Leerstand bei Auszug eines Mieters fällt geringer aus. Zu viele und zu kleine Mieteinheiten sind allerdings nicht erstrebenswert.

Auch bei Startups sind die flexiblen Gewerbeparks inzwischen stark nachgefragt.

Der größere Teil der Mieteinheiten sollte zwischen 1.000 und 3.000 Quadratmeter umfassen. Gleichzeitig sollte die Möglichkeit der Teilung bestehen, um anpassungsfähig zu bleiben.

Gemeinschaft schaffen und nah am Mieter sein

Optimal ist es, wenn durch die Auswahl der Mieter Synergien entstehen – ein Nachbar profitiert vom anderen und der Park erhält den Charakter eines Campus. Auch gastronomische Serviceeinrichtungen oder Gemeinschaftsflächen können dazu beitragen.

All diese Leistungen – vom Immobilienmanagement über Investitionsentscheidungen und Projektentwicklungsleistungen bis hin zur Mieterakquise und -betreuung – machen das Management von Gewerbeparks zu einer komplexen Aufgabe. Der Vermieter muss stets flexibel sein und immer wieder als Problemlöser für den Nutzer agieren. Nah am Mieter zu sein, zuzuhören, gemeinsam auf Augenhöhe Lösungen zu entwickeln und diese zügig umzusetzen – das gehört zum Erfolgsrezept eines gut gemanagten Gewerbeparks.

Loyalität und Wohlgefühl

In der Zukunft werden Gewerbeparks noch vielseitiger, um die Akzeptanz und Loyalität der Mieter dauerhaft zu steigern. Die Fragen, die die Unternehmen heute stellen, gehen über die eigene Mietfläche hinaus:

  • Bietet der Gewerbepark eine gute Anbindung und Infrastruktur?
  • Ist eine repräsentative Adressbildung trotz der Lage am Stadtrand möglich?
  • Wie ist die Aufenthaltsqualität für meine Mitarbeiter und Kunden außerhalb des Gebäudes?
  • Wie sehen die Wegeführung, die Beleuchtung, die Versorgungsmöglichkeiten aus?
  • Sich wohlzufühlen, ist im Gewerbepark der neuen Generation möglich und sollte das Ziel des Asset Managers sein.

Die Zukunft im Blick

Darüber hinaus muss der Asset Manager kontinuierlich Trends beobachten: Die Digitalisierung erfordert immer leistungsstärkere Netze, für die Nutzung von Elektromobilität sind Stromtankstellen wichtig, Carsharing-Modelle können für die Angestellten interessant sein und auch Sharing-Konzepte zur gemeinsamen Nutzung von Maschinen oder 3D-Druckern wirken sich auf das Flächendesign aus.

Durch eine zukunftsorientierte und bedarfsgerechte Ausstattung kann sich der Siegeszug der Gewerbeparks weiter fortsetzen: bei Investoren und Eigentümern aus dem In- und Ausland, bei den Kommunen und Wirtschaftsförderungen, vor allem aber bei den Mietern selbst.