Schwarzweiß Zeichnung einer dicht besiedelten Stadt

Viel Action auf wenig Raum

Portraitfoto von Susanne Heck, Leiterin Marketing & Kommunikation
Innerstädtische Gewerbeflächen werden zunehmend knapp. Immobilienentwickler sind daher gefordert, auch auf kleineren Grundstücken eine größtmögliche Flächeneffizienz zu schaffen.

Aber was heißt „Effizienz“ genau? Wir sprachen mit Ken Kuhnke, Leiter Vermietungsmanagement bei HIH Real Estate, und Prof. Dr. Elisabeth Merk, Stadtbaurätin der Stadt München, über mögliche Lösungen.

„Effizienz bedeutet, die Dinge richtig zu tun. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun“ – frei nach Peter S. Drucker

Effizienz ist eines dieser Zauberworte, das in den meisten Branchen Anwendung findet, durchaus mit werbewirksamem Charakter. Folgt man der Definition des US-Ökonomen Peter S. Drucker, bedeutet das Wort nichts anderes, als „die Dinge richtig“ zu machen – eine generalistische Beschreibung, die jeweils neu interpretiert werden muss. Ein Automobil effizient zusammenzubauen ist schließlich etwas völlig anderes, als eine Dienstleistung effizient zu vermarkten.

Daher müssen sich auch die Entwickler von Gewerbe- und Industrieimmobilien die Frage gefallen lassen, was genau sich hinter dem gerne genutzten Begriff der Flächeneffizienz verbirgt. Geht es vor allem darum, eine größtmögliche Flächenausnutzung bezogen auf das Grundstück zu erzielen? Oder ist ein Gebäude dann am effizientesten, wenn sich die Prozesse, die darin stattfinden, reibungslos umsetzen lassen – selbst, wenn dies mit weniger Nutzfläche erkauft werden muss?

Eine effiziente Flächennutzung? Darüber ließe sich streiten…

Die Schnittstellen sind entscheidend

In Zeiten von New Work und Industrie 4.0. verbinden sich unterschiedliche Prozesse enger miteinander, und das beeinflusst die Antwort auf ebendiese Fragen: Flächen sind dann effizient, wenn sie Synergien mit anderen Nutzungen auf dem Areal erzielen und reibungslose Schnittstellen zwischen den Prozessen der Mieter ermöglichen, auch in Bezug auf deren Kontakt mit Kunden, Dienstleistern und der unmittelbaren Umgebung. Gleichzeitig wird das Bauland immer knapper und die verfügbaren Grundstücke immer kleiner. Es müssen also immer mehr Schnittstellen auf immer weniger Raum entstehen.

In einer Unternehmensimmobilie mit Büro-, Hallen- und Servicebereichen bedeutet das für den Entwickler zunächst, dass er für die flexible Kombinierbarkeit dieser Bereiche sorgen muss. Für die einzelnen Mieter sollte es möglich sein, genau nach Bedarf Büro- und Hallenflächen anzumieten und diese Flächen später zu erweitern oder Teilbereiche abzustoßen. Wichtig ist, bei der Planung eine möglichst robuste Flächenstruktur zu schaffen, um beispielsweise später ein Mezzanin in den Hallenbereichen einziehen oder einen Lagerbereich für Produktionszwecke umrüsten zu können.

Mieter in Coworking-Spaces werden nicht selten zur Keimzelle für ein neues Unternehmen, das dauerhaft Flächen in klassischen Bürohäusern anmietet.

Ken Kuhnke, Leiter Vermietungsmanagement bei HIH Real Estate

Neue Vermietungsmodelle eignen sich für kleinere Areale

Doch damit ist es in Zeiten steigender Flächenknappheit noch lange nicht getan. Auf kleineren Arealen kann es ein interessanter Weg zu höherer Nutzungsintensität sein, wenn die Flächen miteinander geteilt werden: Coworking-Spaces, Pop-up-Lager und Co. ermöglichen es den Mietern, bedarfsgenau Teilflächen anzumieten und auch nur dann zu zahlen, wenn sie tatsächlich genutzt werden.

Besonders in innerstädtischen Gewerbeparks ist ein gewisser Anteil an Coworking-Flächen oftmals eine gute Lösung für Mieter und Vermieter. Denn einerseits herrscht in den Metropolen aktuell ein eklatanter Büroflächenmangel. Andererseits hat die Dotcom-Krise gezeigt, dass sich Gewerbeparks mit einem hohen fixen Büroanteil bei abschwächender Wirtschaftslage nur schwer vermarkten lassen. Coworking-Spaces haben aber noch einen weiteren Vorteil für das Gesamtareal, wie Ken Kuhnke, Leiter Vermietungsmanagement bei HIH Real Estate, unterstreicht: „Coworking-Anbieter bereichern die Vermietungsmärkte in den zentralen Lagen der deutschen Top-Städte. Einerseits mieten sie selbst häufig größere Flächen zu attraktiven Mietpreisen langfristig an. Andererseits wird das oft dort anzutreffende Kreativpotenzial nicht selten zur Keimzelle für ein neues Unternehmen, das dauerhaft Flächen in klassischen Bürohäusern anmietet. Für die Unternehmen, die bereits in unseren Objekten ansässig und in ihrer Flächenexpansion eingeschränkt sind, bieten Coworking-Center in unmittelbarer Nachbarschaft wichtige Ausweichflächen. Nicht selten wurde in jüngster Zeit die Entscheidung, in unseren Immobilien Flächen anzumieten, vom Vorhandensein eines global agierenden Coworking-Betreibers in der Nähe positiv beeinflusst.“

Für die Kommunen ist aus städteplanerischer Sicht eine stärkere Durchmischung unterschiedlicher Nutzungstypen begrüßenswert.

Prof. Dr. Elisabeth Merk, Stadtbaurätin der Stadt München

Mischnutzungen erhöhen die Effizienz

Besonders für die prozessbezogenen Schnittstellen gibt es noch einen weiteren wichtigen Faktor, der die Flächeneffizienz auch auf kleineren Arealen erhöhen kann: kompatible Mischnutzungen. Diese können einerseits dafür sorgen, dass sich mehrere Mieter untereinander vernetzen, und andererseits verhindern, dass Baulücken entstehen. Auch können einzelne Gebäude – beispielsweise Supermärkte – mit zusätzlichen Wohnflächen aufgestockt werden.

Hinzu kommt, dass Mischnutzungen von Seiten der Politik gefordert und gefördert werden: „Für die Kommunen ist aus städteplanerischer Sicht eine stärkere Durchmischung unterschiedlicher Nutzungstypen begrüßenswert. Gewerbe, die zueinander passen, können eine größere Flächeneffizienz erreichen, wenn sie sich räumlich in direkter Nachbarschaft zueinander befinden“, sagt Prof. Dr. Elisabeth Merk, Stadtbaurätin der Stadt München. „Die spannende Frage ist, wie sich das produzierende Gewerbe in eine solche Planung integrieren lässt, um den Bestand sinnvoll zu erweitern. Zielführend kann es beispielsweise sein, Fertigungseinheiten mit einem Research-Zentrum zu verbinden – auch, um die Vielfalt des lokalen Jobangebots zu stärken.“

Dabei beschränkt sich die Nutzungsmischung keinesfalls nur auf klassische gewerbliche Nutzungsarten. Selbst für kleinere Grundstücke kann es die richtige Alternative sein, einen Teil der Flächen an Anbieter aus dem Bereich Sport, Kultur und Freizeit zu vermieten, die die Aufenthaltsqualität auf dem Areal erhöhen. „Gewerbegebiete sollten Teil des öffentlichen Raums werden und sich Anwohnern gegenüber öffnen, beispielsweise in Form von Gastronomieangeboten, die dafür sorgen, dass die Nachbarn einen Besuch im Areal wagen“, unterstreicht Merk. Aus Sicht des Vermieters bedeutet eine solche Aufwertung des Areals, dass sich die Zufriedenheit der Mieter erhöht – was das Immobilienkonzept auch aus kaufmännischer Sicht abrundet.

Eine echte Nutzungsmischung ist aufgrund gesetzlicher Einschränkungen nur selten möglich.

Die Hürde ist oftmals rechtlicher Natur

Dass die Potenziale moderner Bauvorhaben nicht immer voll ausgeschöpft werden, hat häufig baurechtliche Gründe: Selbst wenn eine ideale Flächenlösung mit optimaler Ausnutzung möglich wäre, lässt sich diese oftmals aufgrund der starren Vorschriften des deutschen Baurechts nicht umsetzen. Anstatt effizient planen zu können, entstehen in diesen Fällen vorgeschriebene Baulücken, die die Flächeneffizienz verringern und dem Gedanken einer engmaschigen Mischnutzung zuwiderlaufen.

Für die Immobilienentwickler wie auch für die Kommunen ist das mit Problemen verbunden. Prof. Dr. Elisabeth Merk spricht sich deshalb dafür aus, den rechtlichen Rahmen für Immobilienentwickler zu erweitern und die jeweiligen Konzepte von Fall zu Fall – und nicht nach starren Richtlinien – zu bewerten: „Die Schaffung der Baurechtskategorie ,Urbanes Gebiet‘ ist ein wichtiger Schritt in Richtung Mischnutzung. Dennoch wünschen sich vor allem in den Metropolen die Kommunen häufig noch mehr rechtlichen Spielraum, vor allem im Hinblick auf die Lärmschutzregulierungen. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir die Industrie aus ihrer Verantwortung entlassen wollen. Vielmehr geht es darum, eine ausreichende juristische Flexibilität zu erhalten, um jedes Projekt individuell zu bewerten. Wichtig ist dabei natürlich, dass sowohl die Kommunen als auch die Entwickler ihre Erwartungen und Konzepte ehrlich kommunizieren und mit offenen Karten spielen.“