Langer Flur in einem modernen Büro

Produktivität und Wohlbefinden

Wie die Arbeitswelten der Zukunft das Erscheinungsbild von Unternehmensimmobilien prägen

Portraitfoto von Susanne Heck, Leiterin Marketing & Kommunikation
Was sorgt für den Wohlfühl-Faktor in Immobilien?

Und wie lassen sich diese Faktoren mit einer produktiven Arbeitsweise kombinieren? Dazu haben wir mit Tobias Kassner von bulwiengesa und Dr. Anke Valentin vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. gesprochen.

Fun oder bloß function? Geht beides – auch hier.

Unternehmensimmobilie – das Wort klingt nach Industrie, Stahlträgern und Rolltoren, aber auch nach Backsteinfassaden und Historie. Begriffe wie neue Arbeitswelten oder Coworking hingegen dürften viele eher mit neu gebauten Bürokomplexen in den Innenstädten verbinden. Tatsächlich haben sich jedoch auch umgenutzte Industrieareale und Gewerbeparks in den vergangenen Jahren für solche Konzepte bewährt.

New Work-Konzepte halten bei Unternehmensimmobilien Einzug

Das stellt auch Tobias Kassner, Bereichsleiter für die Analyse von Industrie- und Logistikmärkten der bulwiengesa AG, fest: „Bei Transformationsimmobilien und Gewerbeparks mit Büroanteil haben inzwischen die modernen ‚New Work‘-Bürokonzepte Einzug gehalten.“ Einer der zentralen Gründe dafür sei, dass solche Immobilien oftmals innovative Unternehmen beherbergten, die sich auch räumlich vom Mainstream abheben wollen – sei es mit der individuell bemalbaren Wand, dem Amphitheater als Konferenzraum oder einem eigenen Bereich für eine Spielekonsole und den obligatorischen Kickertisch. „Aber auch zahlreiche Konzerne setzen in Unternehmensimmobilien bereits innovative Arbeitsplatzkonzepte um“, so Kassner, „Desk-Sharing, eine Saftbar, eine Kantine mit hochwertiger Küche und immer häufiger auch zusätzliche Benefits wie der kostenlose Zugang zum Fitnesscenter gehören dazu.“

New Work – alles außer Mainstream

Das übergreifende Ziel dieser Maßnahmen ist es, eine höhere Aufenthaltsqualität und nicht zuletzt einen größeren Coolness-Faktor innerhalb der Räumlichkeiten und in den Außenbereichen zu schaffen. Häufig ist das nur durch eine Kooperation zwischen Mieter und Vermieter möglich. In ihrem Projekt „Grün statt Grau – Gewerbegebiete im Wandel“ hat sich Dr. Anke Valentin, Geschäftsführerin des Wissenschaftsladens Bonn e.V., eingehend mit der Grüngestaltung in Gewerbegebieten und Unternehmensimmobilien befasst: „Wir haben festgestellt, wie wichtig dieses Thema ist. Hier geht es vor allem um niedrigschwellige Maßnahmen – beispielsweise darum, einen Laubengang hinzuzufügen, den Pausenbereich optisch aufzuwerten, schattenspendende Bäume zu pflanzen oder die Immobilien anderweitig zu begrünen.“ Dabei bietet es sich Valentin zufolge bei der Grüngestaltung von Gewerbeobjekten an, die Mitarbeiter der mietenden Unternehmen direkt einzubinden. Somit könnten diese ihr Arbeitsumfeld aktiv mitgestalten. Das stifte Identifikationspotenzial und trage zur Mieterbindung bei.

Technologische und soziale Faktoren spielen eine wichtige Rolle

Heutzutage werden an zahlreichen Standorten Pilotprojekte zur Gestaltung der Außen- und Innenbereiche umgesetzt, die schon bald zum Standard für jede Immobilie gehören könnten. Die neuen Technologien der Industrie 4.0 und die wachsenden Möglichkeiten, Wohlfühlfaktoren zu schaffen, stünden dabei in enger Wechselwirkung zueinander, urteilt Valentin: „Die Zukunft der Gewerbegebiete wird maßgeblich von der Veränderung der Arbeitsprozesse geprägt. Sei es dadurch, dass an einem Produktionsort weniger Fläche benötigt wird, weil sich die Fertigung künftig flächenmäßig effizienter umsetzen lässt – oder infolge von veränderten Anwesenheitszeiten, die wiederum Auswirkungen auf Mobilitätskonzepte haben – Stichwort Carsharing.“ Frei werdende Teilflächen könnten nach Valentin im Rahmen des bestehenden Mietvertrags etwa in einen Gemeinschaftsbereich, eine Lounge oder einen Fitnessraum umgewandelt werden.

Von einer Unternehmensimmobilie mit Campus-Charakter profitiert letztlich auch der Vermieter.

Tobias Kassner, bulwiengesa AG

Der gesellschaftliche Wandel spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Frage, wie die Konzepte für Unternehmensimmobilien weiterentwickelt werden. Bereits jetzt erleben wir den Trend, dass in zahlreichen Gewerbeparks Bereiche entstehen, die von allen Mitarbeitern genutzt werden können. „Vor allem für jüngere Angestellte, die in Ein- oder Zweipersonenhaushalten leben, sind Verpflegungs- und Freizeitangebote wichtig“, kommentiert Kassner. „Der Zugang zu einem Fitnesscenter direkt auf dem Areal schafft außerdem die Möglichkeit für neue Mitarbeiter, mit den Kollegen auch außerhalb der Arbeit in Kontakt zu kommen.“ Dies wiederum sorge dafür, dass sich der Mitarbeiter schneller mit dem Unternehmen identifiziert. Eine Unternehmensimmobilie, die einen gewissen Campus-Charakter besitzt, biete somit ihren Mietern den Anreiz, langfristig am Standort zu bleiben. Und davon profitiert letztlich auch der Vermieter.

Die nötigen Voraussetzungen schaffen

Was genau eine Unternehmensimmobilie erfüllen muss, um auch in fünf oder zehn Jahren die richtigen Akzente in Sachen Wohlbefinden und Coolness zu setzen, kann heute niemand sicher vorhersagen. Immobilienentwickler und -revitalisierer sollten daher bereits bei der Planung auf verschiedene bauliche Details achten, um möglichst viele unterschiedliche Konzepte zu ermöglichen, so Kassner. „Zum einen ist ein flexibles Rastermaß für die Büroflächen wichtig, verbunden mit der Möglichkeit, Flächen und Wände einzuziehen und auch wieder zurückzubauen. Revitalisierer von Transformationsimmobilien, also Objekten, die erst durch Sanierung und Umbau für gewerbliche Zwecke nutzbar gemacht werden, sind hier oft im Vorteil: Die oftmals historischen Objekte verfügen bereits über eine robuste Bausubstanz mit großer Traglast, hohe Decken und große zusammenhängende Flächen. Daraus ergeben sich ideale Bedingungen für moderne Bürolofts, in denen sich die Konzepte des ‚New Work’ umsetzen lassen.“

Gerade im aktuellen ‚War for Talents‘ ist es wichtig, sich auf die weichen Faktoren zu konzentrieren, um der attraktivere Arbeitgeber beziehungsweise Vermieter zu sein.

Dr. Anke Valentin, Wissenschaftsladen Bonn e.V.

Dabei ist jedoch auch ein gewisses Maß an Pioniergeist nötig. Denn eine Schwierigkeit haben alle genannten Maßnahmen gemeinsam: „Die höhere Aufenthalts- und Arbeitsqualität infolge der realisierten Gestaltungs- und Verkehrskonzepte lässt sich nicht empirisch messen“, unterstreicht Valentin. „Nicht immer verspricht das größere Budget die besseren Ergebnisse. Gerade im aktuellen ‚War for Talents‘ ist es aber wichtig, sich auf diese weichen Faktoren zu konzentrieren, um der attraktivere Arbeitgeber beziehungsweise Vermieter zu sein.“