Lange verkannt und heute Champion: Unternehmensimmobilien

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Unternehmensimmobilien haben sich in den vergangenen Jahren zu einer begehrten Assetklasse für institutionelle Investoren entwickelt, und das aus guten Gründen:

Dank ihrer charakteristischen Mischnutzung, Drittverwendungsfähigkeit sowie der mittelständischen Mieterstruktur stehen sie für hohe Stabilität im Portfolio. Gleichzeitig hält auch bei diesen Liegenschaften der Wandel Einzug, wie die Ausführungen der Autorin im folgenden Beitrag verdeutlichen. Sowohl für Entwickler als auch Asset Manager gelte es mehr denn je, sich Gedanken über die künftigen Anforderungen der Nutzer zu machen. Dabei ist sie der Überzeugung, dass Unternehmensimmobilien in Zukunft noch vielseitiger werden müssen, um die Akzeptanz und Loyalität der Mieter dauerhaft zu sichern.

In den ersten „Rocky“-Filmen kann man verfolgen, wie der gleichnamige Außenseiter trotz seines großen Potenzials zunächst kaum wahrgenommen wird – sich letztlich aber dennoch durchsetzen kann. Genau wie der von Sylvester Stallone verkörperte Filmheld nahm die Unternehmensimmobilie auf dem Investmentmarkt anfänglich die Rolle des Underdogs ein. Inzwischen nehmen immer mehr institutionelle Investoren Gewerbeparks, Lager- und Logistikhallen oder revitalisierte Industrieareale in ihr Portfolio auf. Schließlich liegt der kumulierte Marktwert aller deutscher Unternehmensimmobilien bei mehr als 562 Milliarden Euro – und damit nur 40 Milliarden unterhalb des Werts für Büroimmobilien (siehe Abbildung). Dieser Vergleich zeigt die tatsächliche Bedeutung der Unternehmensimmobilien, belegt aber auch die Tatsache, dass diese Immobilien-Assetklasse in der Branchenwahrnehmung nach wie vor nicht den Platz einnimmt, der ihr eigentlich zustünde.

Katalysator der lokalen Wirtschaft

Von Nutzern hingegen werden Unternehmensimmobilien schon lange stark nachgefragt. Grund dafür sind die hohe Flexibilität der Objekte und damit verbunden die universelle Nutzungsmöglichkeit für Unternehmen bei gleichzeitig guter Verkehrsanbindung und Kundennähe. Daher lassen sich viele attraktive Unternehmen, die gut ausgebildete Fachkräfte anziehen, in diesen Objekten nieder. Sie können zum Katalysator der lokalen Wirtschaft werden. Ein wichtiges Argument auch für Kommunen, die Unternehmensimmobilien oft erst an dritter Position sehen, wenn es um Flächenbedarf geht: nach Wohnraum und Büros nämlich.

Entwickler hingegen müssen sich intensiv mit den aktuellen und künftigen Anforderungen der Nutzer von Unternehmensimmobilien auseinandersetzen. Was brauchen moderne Unternehmen heute und in Zukunft? Welche Gestaltung und welche Ausstattung unterstützen effiziente Arbeitsprozesse? Die Areale müssen robust genug geplant werden, damit sie anpassbar bleiben. Das sichert die Drittverwendungsfähigkeit und Leerstände werden vermieden. Für Investoren ist genau dies das wichtigste Kriterium für einen langfristig stabilen Cashflow.

Auswirkungen einer industriellen Revolution

Der Management- und Entwicklungsaufwand von Unternehmensimmobilien ist in der Regel deutlich höher als bei Mononutzungen: Denn während die Entwickler von reinen Büro-, Einzelhandels- oder Industrieimmobilien die spezifischen Flächenanforderungen für das jeweilige Segment erfüllen müssen, vereinen sich bei Gewerbeparks und anderen Formen von gemischt genutzten Unternehmensimmobilien gleich zahlreiche dieser unterschiedlichen Anforderungen.

Vor allem die Technologien der sogenannten Industrie 4.0. können sich in mehrfacher Hinsicht auf die Flächengestaltung auswirken: So könnte der 3D-Druck branchenübergreifend dafür sorgen, dass Waren verstärkt direkt vor Ort und „on demand“ hergestellt werden können. Der Wegfall von Zwischenlagern und Produktionsstraßen erfordert eine stärkere Verschränkung zwischen Produktions- und City-Logistikflächen. Darüber hinaus sind eine größtmögliche Nähe und ein effizienter Lieferweg zum Endkunden nötig, damit die fertigen Produkte schnell an ihr Ziel gelangen. Zudem sorgen die immer kürzer werdenden Innovationszyklen dafür, dass einzelne Schritte der Supply Chain, die Produktpalette von Unternehmen und nicht selten sogar das gesamte Geschäftsmodell angepasst werden müssen.

Hohe Flexibilität ist essenziell

In der Regel ziehen solche Veränderungen eine Erweiterung oder Reduzierung der Mietfläche oder eine Umrüstung von einem Flächentyp zu einem anderen mit sich. Daher ist es essenziell, dass Entwickler und Asset Manager einer Unternehmensimmobilie sowohl baulich als auch vertraglich ein hohes Maß an Flexibilität gewährleisten. Da dies charakteristisch für genau diese Immobilien-Assetklasse ist, können moderne innerstädtische Gewerbeparks und andere Typen von urbanen Unternehmensimmobilien stark von der vierten industriellen Revolution profitieren.

Auch die Konzepte des New Work machen vor Unternehmensimmobilien nicht halt. Coworking-Spaces werden zum wichtigen Faktor für das Objekt – sie haben das Potenzial, schnell wachsende Start-ups anzuziehen. Diese profitieren von den geringeren Mietniveaus, zum Beispiel in einem Gewerbepark, im Vergleich zu entsprechenden Angeboten in klassischen CBD-Büroimmobilien. Und sobald das Start-up eine gewisse Größe erreicht hat, sind Expansionen möglich und auch langfristige Mietverträge auf dem Areal kommen infrage.

Für Investoren sind die Aspekte Flächenflexibilität und Beständigkeit des Mieterbesatzes im Hinblick auf die Stabilität des Cashflows wichtig. Ein hoher Anteil an sogenannten Flex Spaces mit entsprechendem Management sorgt einerseits dafür, dass ein Bestandsmieter auch bei veränderten Nutzungsanforderungen nicht ausziehen muss und seinen Mietvertrag verlängern kann. Andererseits können die Flächen zügig nachvermietet werden, sollte es dennoch zu einem Auszug oder gar zur Insolvenz eines Mieters kommen.

Herausforderungen auf engem Raum

Zusätzlich zu den steigenden Anforderungen an die Mietflächen ergibt sich bei Unternehmensimmobilien die Herausforderung, dass immer weniger Bauland zur Verfügung steht. Die deutschen Kommunen weisen vor dem Hintergrund des chronischen Wohnraummangels nur noch selten innenstadtnahe Flächen für den Neubau von Gewerbeparks und ähnlichen Objekten aus. Dabei sind die Leerstandsquoten bei Lager, Logistik, Gewerbeparks und Produktionsflächen auf historischem Tiefstand, die Flächenreserven vor allem in den Großstädten fast aufgebraucht – und der Neubau hinkt seit Jahren dem Bedarf hinterher. Das bedroht wiederum künftiges Wirtschaftswachstum, die Neugründung von Unternehmen und die Erweiterung existierender Betriebe. Und wenn es um die Revitalisierung ungenutzter Brachflächen geht, verzögern die oft langwierigen Verfahren des deutschen Baurechts den Prozess.

Die Entwickler und Asset Manager moderner Unternehmensimmobilien müssen daher Mittel und Wege finden, aus dem oft schwierigen Status quo das Beste zu machen. Das Stichwort dazu lautet Flächeneffizienz, also eine größtmögliche Auslastung des Grundstücks zu erreichen und Baulücken zu vermeiden. Mehrstöckige Logistikhallen zum Beispiel haben inzwischen die Rolle des Exoten abgelegt. Modelle, welche die Nutzungsintensität der Flächen erhöhen, werden ebenfalls diskutiert. Neben den eingangs erwähnten Coworking Spaces sind auch für andere Flächentypen Pay-per-use-Modelle denkbar – beispielsweise Pop-up-Lager für kurzfristige Logistiknutzungen.

Der Nutzer will sich wohlfühlen

Aber nicht nur die wirtschaftliche Komponente zählt bei Unternehmensimmobilien. In der Zukunft werden Gewerbeparks & Co. noch vielseitiger werden müssen, um die Akzeptanz und Loyalität der Mieter dauerhaft zu sichern. Die Fragen, die die Nutzer heutzutage stellen, gehen über die eigene Mietfläche hinaus:

Bietet die Immobilie eine gute Anbindung und Infrastruktur?
Ist eine repräsentative Adressbildung trotz der Lage am Stadtrand möglich?
Wie ist die Aufenthaltsqualität für meine Mitarbeiter und Kunden außerhalb des Gebäudes?
Wie sehen die Wegeführung, die Beleuchtung, die Versorgungsmöglichkeiten aus?
Der Asset Manager schafft nicht nur eine funktionstüchtige Immobilie, er sorgt zudem für das Image eines Areals. Im Idealfall kann er Synergien zwischen den einzelnen Mietern schaffen, die nicht nur Nachbarn auf einem Gelände sind, sondern die sich in ihren Geschäftsmodellen gegenseitig ergänzen. Denkbar ist beispielsweise die Ansiedlung eines Kurierdiensts, der die vor Ort hergestellten Güter transportiert, oder eines Dienstleisters, der sich auf die Instandhaltung von 3D-Druckern spezialisiert hat. Diese Möglichkeiten zur Synergiebildung beschränken sich aber nicht auf klassische Gewerbenutzungen.

Zusatzleistungen schaffen Imagevorteil

Ein weiterer Punkt, der die Standortattraktivität und die Mietertreue steigert – gerade bei innenstadtnahen Grundstücken: Nutzungen, die das Areal auch Anwohnern gegenüber anziehend erscheinen lässt. Selbst bei kleineren Unternehmensimmobilien kann es sinnvoll sein, einen Teil der Flächen an ein Fitnessstudio zu vermieten oder einen Nahversorger zu integrieren, wenn es in der Nachbarschaft noch kein vergleichbares Angebot gibt. Auch ein passender Gastronomiebetrieb kann dafür sorgen, dass nicht nur die Angestellten im Gewerbepark leiblich gestärkt werden, sondern zugleich Nachbarn und andere Besucher auf das Areal gelockt werden.

Aus Zusatzleistungen, die das Wohlbefinden auf dem Areal erhöhen, ergeben sich Imagevorteile. Sie sind einerseits gegenüber der Kommune ein wichtiges Argument zur Ansiedlung von Gewerbeobjekten. Andererseits wirken sie sich auf die Mietertreue aus und erzeugen eine stärkere Sogwirkung des Areals für zukünftige Interessenten. Auch Besucher und Kunden kommen bei einem angenehmen Ambiente gerne wieder – ein weiterer positiver Aspekt für die ansässigen Unternehmen.

Ein intensives Management ist Pflicht

Nicht nur die Rolle des Underdogs hatten Unternehmensimmobilien mit „Rocky“ in der Vergangenheit gemeinsam. Der Fakt, dass hinter dem Erfolg stets harte, kontinuierliche Arbeit steckt, ist bis heute unverändert gültig. In der Filmreihe sehen wir immer wieder, wie Rocky seine Kräfte bis zum Rande der Erschöpfung trainiert. Es mag als verwegene Parallele erscheinen, aber tatsächlich ist auch für Unternehmensimmobilien ein intensives Management und der kontinuierliche Austausch mit den Mietern nötig. Der Asset beziehungsweise Property Manager fungiert optimalerweise als ganzheitlicher Problemlöser: Um dies zu leisten, muss er kontinuierlich Trends beobachten: Das bezieht sich auf die Branchen, in denen seine Mieter aktiv sind und die sich auf den Immobilienbedarf auswirken können, ebenso wie auf übergeordnete Entwicklungen.

So erfordert die Digitalisierung immer leistungsstärkere Netze. Für die Nutzung von Elektromobilität sind Stromtankstellen wichtig, Carsharing-Modelle können für die Angestellten interessant sein und auch Sharingkonzepte zur gemeinsamen Nutzung von Maschinen oder 3D-Druckern wirken sich auf das Flächendesign aus. Durch eine zukunftsorientierte und bedarfsgerechte Ausstattung kann sich der Siegeszug der Unternehmensimmobilie weiter fortsetzen: bei Investoren und Eigentümern aus dem In- und Ausland, bei den Kommunen und Wirtschaftsförderungen, vor allem aber bei den Mietern selbst.